IN MOTU

IN MOTU aus Nordhausen

„IN MOTU“ ist eine Untergruppe des „Hohnsteiner Mittelalterverein e.V.“, der sich 2001 in Nordhausen gründete. Bereits 2003 begannen einige Mitglieder, sich dem Thema mittelalterliche Kampfesweisen zu widmen.

Begonnen hat alles eigentlich wie bei vielen anderen auch. Zuerst wir haben uns mit den damals kursierenden Systemen Huscarl, Freikampf und Schaukampf beschäftigt und versucht von dem Wissen aus anderen Kampfkünsten zu profitieren. Wir schafften es eine Sporthalle zu organisieren, in der wir uns regelmäßig trafen, um zu trainieren. Dabei merkten wir schnell, dass wir damit nicht unseren Hunger nach dem Wissen um die Techniken unserer mittelalterlichen Vorfahren stillen konnten. Im Jahr 2006 kaufte ich mir das Buch „Schwertkampf“ von Herbert Schmidt und setzte mich lange damit auseinander. So begann ich auch tiefer in die Materie der historischen europäischen Kampfkünste einzusteigen. Das Interesse innerhalb der Gruppe wuchs stetig an, so dass wir uns entschieden, anhand des Buches von Herbert Schmidt ausgerichtet das Training zu strukturieren. Ich freute mich langsam in die Rolle eines Trainers zu schlüpfen. Wir richteten uns an der Didaktik dieses Buches aus, beschäftigten uns immer mehr mit den Quellen zu den Techniken und versuchten die Grundlagen und schließlich auch die einzelnen Techniken zu verstehen und trainierten und trainierten … und trainierten.

Im Jahr 2007 begann ich mein Studium der Geschichtswissenschaften an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg mit dem Schwerpunkt der mittelalterlichen Geschichte. In Hamburg gab es damals zwei Vereine, die sich mit historisch europäischen Kampfkünsten befassten und ich wollte die Gelegenheit nutzen, das Wissen, das bei diesen Vereinen lag, aufzusaugen und in meine Heimat zu transferieren. Da Hammaborg damals voll ausgelastet war und man auf das nächste Probetraining warten musste, begann ich bei Ochs-Hamburg unter der Leitung von Steffen Zimmermann zu trainieren. Leider kam ich jedoch nicht über die Probezeit hinaus. Denn unser Trainer Steffen Zimmermann verunglückte zu meinem großen Bedauern nur wenige Monate nachdem ich bei Ochs begonnen hatte. Ich möchte ihm hier nochmals für die tollen Stunden und seine Erfahrung danken. Ich werde seine freudige und professionelle Art nie vergessen.

Da ich es parallel über das Probetraining auch zu Hammaborg geschafft hatte, konnten wir eine Übernahme der Mitglieder von Ochs-Hamburg zu Hammaborg vereinbaren. Bei Hammaborg beteiligte ich mich mehrfach in der Woche am Langschwert- und teilweise auch am Messertraining. Es gab tolle Seminare und das Annual Gathering mit der Laurentiusgildet. Das Wissen, dass ich in dieser Zeit bis zum Ende des Jahres 2011 erlangte, baute ich stets in unser eigenes Training in Nordhausen mit ein. Ich danke Hammaborg für die tolle Zeit und die vielen Erfahrungen, die mein Leben auf maßgebliche Weise bis heute beeinflussen. Einen besonderen Dank möchte ich meinen damaligen Trainern Dierk Hagedorn und Markus Hampel aussprechen. Zusätzlich konnte ich aber auch mein Geschichtsstudium nutzen um mich mit vielen Quellen zur Fechtgeschichte genauer auseinanderzusetzen, da ich mit dem Erlernten nun die Quellen im Original lesen, verstehen und interpretieren konnte. Die Quellenkunde ist für uns Trainer unerlässlich. Nachdem ich im Jahr 2011 mein Studium der mittelalterlichen Geschichte mit der Graduierung M.A. Geschichte abgeschlossen hatte, musste ich Hamburg aus beruflichen Gründen verlassen.

Ich nutzte fortan auch intensiver meine langjährigen Erfahrungen aus der militärischen Ausbildung, sowie meine Ausbildung in Methodik, Didaktik und Ausbildungslehre um unser Training nun vollends ohne Einfluss aus Hamburg durchzuführen zu können. Seither befassen wir uns in Nordhausen komplett selbständig mit mittelalterlicher Kampfkunst anhand originaler Quellen. Unser Schwerpunkt liegt seit 2006 auf den Techniken des Langen Schwerts der Deutschen Schule in der Tradition Johannes Liechtenauers. Unsere Hauptquelle ist die Handschrift Cod. Hs. 3227a aus Nürnberg, welche wir durch den Cod. 44 A 8 und die Überlieferungen von Paulus Kal ergänzen. In den vergangenen Jahren versuchten wir zusätzlich unter Zuhilfenahme von weiteren „zeitnahen Quellen“, wie den erhaltenen Fechtbüchern Hans Thalhofers, und weiteren Waffenkategorien den ganzheitlichen Ansatz der liechtenauerschen Lehre und seiner Bewegungsphilosophie zu verstehen.

Dazu zitiere ich immer gern folgende Textstellen aus der Handschrift Cod. Hs. 3227a:

… Der / do wil lernen Ringen / der sal czu dem ersten /
merken vnd wissen das dy pñcipia /
vor • noch • Rischeit kunheit list vnd klugheit /
etc dy gehören och czu deme Ringen /
Vnd wisse das alle höbischeit kompt von deme ringe~
vnd alle fechte~ kome~ ursachlich
vnd gru~tlich vom ringe~ /
Czum erste~ das fechte~ mit dem lange~ messer /
aus dem ku~pt das fechten mt dem sw°te / etc …
Hs. 3227a, fol. 86r.

… Wer do mit dem langen messer wil fechten lernen /
wen aus dem lãgen messer / ist /
das swert genomen vnd funden /
Der sal von ersten /
merken vnd wisse~ das daz fundame~t vnd dy pñcipia /
dy do gehoren czu~ sw°te /
dy gehoren auch czum messer /.
Hs. 3227a, fol. 82r.

… Wer do mit der stangen wil
(Das Wort ist oberhalb der Zeile nachgetragen.)
fechte~ lernen der sal von aller ersten wissen vnd merken /
das eyn stange von rechte /
sal czwelf spañen lang / seyn /
vnd das daz fechten mit der stange~ / ist /
aus dem swerte genomen /
Vnd als eyner ficht mit dem sw°te /
zo fechte her och mit der stange~ /
Vnd dy pñcipia / dy do gehoren czu~ sw°te /
als • vor • noch • ku~heit • rischeit • list klukheit etc
dy gehoren och czu der stangen /
Hs. 3227a, fol. 78r.

Diese Textstellen markieren für mich den Grundaufbau der liechtenauerschen Lehre. Das Ringen bildet die Basis für das Grundverständnis der fünf Wörter und der Bewegungsabläufe. Das Schwert aber bildet die Grundlage für den bewaffneten Kampf. Es steht im Zentrum und beinhaltet die Grundlagen aus dem Messer und bildet das Fundament für Stangenwaffen. Diesen ganzheitlichen Ansatz gilt es zu verstehen, zu extrahieren und festzuhalten, um ihn dann zu trainieren.

Eindrücke aus dem Trainingsalltag bei IN MOTU

Unsere Gruppe, die im Rahmen ihrer Angehörigkeit zum Hohnsteiner Mittelalterverein auch auf Mittelalterevents auftrat, führte zunächst den Namen „Hohnsteiner Fechtgruppe“. Doch waren wir mit dem Namen nie richtig zufrieden. So entwickelten wir ein Wappen und extrahierten für uns ein zentrales Thema der Handschrift 3227a für unseren neuen Namen: „IN MOTU“- Sei stets in Bewegung. Wir: Das sind momentan 10 Mitglieder aus Nordhausen und Umgebung, die sich entschlossen haben dem DDHF beizutreten um das Historische Fechten weiter zu fördern, die Qualität zu steigern und unsere Erfahrungen und unser Wissen einzubringen. Wir bedanken uns für die freudige Aufnahme und freuen uns den Herausforderungen der Zukunft unserer Kampfkunst gemeinsam und dadurch gestärkt und professionell unter dem Dachverband begegnen zu können.

Text: Paul Becker
Bilder: IN MOTU

www.in-motu.de