Trainertage

Die Trainertage 2016 bei Hammaborg in Hamburg

Ein Rückblick von Katharina Henzel, Tremonia Fechten

Mit großer Vorfreude und hohen Erwartungen stieg ich am Samstagmorgen, den 4. Juni, in den Zug in Richtung Hamburg ein. Mein Ziel waren die Trainertage des DDHF mit dem Thema „Was formt Fechten?“.

Um 10 Uhr wurden wir in der Sporthalle von Sonja Heer (Historisches Schwertfechten Nordhessen) und Paul Becker (In Motu) herzlich begrüßt. Der Samstag startete mit dem Seminar „Gewalt und Sozialisation“ von Paul Becker und Thore Wilkens (Bloßfechter zu Chemnitz). Zuerst zeigte man uns Videokameraufnahmen von Überfällen mit Messerstechereien. Die Videos erzielten den gewünschten Schockeffekt bei mir. Paul erläuterte uns den Begriff Gewalt in verschiedenen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen im Mittelalter und im Vergleich dazu, im heutigem Militär. Spannend wurde es auch, als Thore über den Umgang von Gewalt in unserem Alltag sprach und wie es sich auf unser Trainingsverhalten auswirkt. Mit diesem Thema hätte man das ganze Wochenende ausfüllen können, doch leider war es schon Zeit zum Mittagessen.

Thore Wilkens über Gewalt und Sozialisation

Danach ging es weiter mit dem Seminar über die materiellen Einflüsse auf das Historische Fechten von Roman Schwiertz (Fechtergilde Aurich) und Cornelius Berthold (Bloßfechter zu Chemnitz). Roman gab uns eine Einführung in die menschliche Anatomie, mit besonderem Augenmerk auf die Veränderung des Gehens durch verschiedenes Schuhwerk. Dann wurden wir Zuhörer aktiv, als Cornelius uns diverse Schrittabfolgen und Standpositionen zeigte und wir diese zusammen nachmachten. Interessant war der Unterschied der Beinarbeit mit Sportschuhen und barfuß.

Barfußfechten und Beinarbeit

Nach einer Kaffeepause entführte uns Robert Geißler (Tremonia Fechten) in die Welt der Schwertphysik. Er räumte mit einigen im Internet kursierenden Irrtümern auf und erklärte uns die verschiedenen Größen, die das dynamische Verhalten eines Schwerts bestimmen und den Zusammenhang der Schwingungen mit der Schnittfähigkeit des Schwertes – aber alles auf eine Art und Weise, dass auch ich als Physiklaie es verstehen konnte. Auch hier konnten wir praktisch tätig werden, indem wir den Waggle- und den Stockpendeltest an Stöcken ausprobierten – mit verblüffendem Ergebnis.

Passend dazu knüpfte das nächste Seminar von Patrick Schröter (In Motu) an: „Wie der Schmied die Klinge beeinflusst(e)“. Darin ging es um den ganzen Prozess der Schwertherstellung, um die Eigenschaften der Materialien und das alles im Zusammenhang mit den handwerklichen Möglichkeiten im Mittelalter. Die bildhafte Darstellung hat mich sehr angesprochen.

Literatur und Anschauungsmaterial wurden auf einem Büchertisch präsentiert

So viel Input macht hungrig, also trafen sich alle am Abend zu Tisch in einer schönen urigen Brauerei, welche von Roland Fuhrmann (Hammaborg) vorher reserviert worden war. In netter Gesellschaft verstrich der erste erfolgreiche Trainertag.

Sonntagmorgen ging es beherzt direkt wieder in die Bewegung, mit der „Einführung in die Bewegungsanalyse“ von Paul und Cornelius. Zuallererst machte Paul mit uns ein paar Aufwärmübungen, die aus Schwungübungen mit langem und kurzem Schwert bestanden. Er zeigte uns, wie man mit einer großen Gruppe eine Bewegung Schritt für Schritt vormachen, erklären, nachmachen und üben kann. Danach erklärte man uns, in welche Kriterien man eine Bewegung aufgliedern kann. Paul und Cornelius führten uns das erste Zornhaustück vor, das wir in Gruppenarbeit analysieren und beschreiben sollten. Nachdem die erste Gruppe ihre Ergebnisse präsentiert hatte, haben wir uns zusammen über andere Möglichkeiten der Umsetzung ausgetauscht. Der Sonntag war sehr trainingsbezogen und ich bekam viele Ideen, die sich leicht in unserem Training umsetzen ließen. Anschließend konnte jeder ein Feedback für die Trainertage 2016 abgeben, bevor er noch die Möglichkeit bekam zu sparren oder zu packen.

Im praktischen Teil ging es um Bewegungsanalyse

Es ist eine Besonderheit der DDHF-Trainertage, dass hier nicht fertige Techniken und ihre Anwendungen im Vordergrund stehen, sondern Forschung und Lehre. Erfreulich finde ich auch, dass das Historische Fechten dabei nicht nur von den naheliegenden Geisteswissenschaften aus betrachtet wird, sondern wie in diesem Jahr auch aus naturwissenschaftlichen Perspektiven. Dass dabei einige gängige Annahmen geradegerückt wurden, hat gezeigt, wie wichtig verschiedene Blickwinkel für die Entwicklung des Historischen Fechtens sind.

Ich habe viele neue Eindrücke mitgenommen, die mich, wie ich hoffe, zu einer Trainerin mit einem fundierten und wachsenden Kenntnisstand machen. Es freut mich, dass es einen großen Austausch zwischen den Mitgliedern der vielen Vereine gab und der Umgang stets freundlich war.

Ich möchte mich herzlich beim DDHF und bei allen Dozenten für das umfangreiche Programm bedanken und bei den Mitgliedern von Hammaborg für die Organisation. Im nächsten Jahr sollen die Trainertage bei Schwertspiel Dresden e. V. stattfinden. Ich freue mich sehr darauf!

Fechtergruß
Katharina Henzel

Die Trainertage sind ein Projekt des DDHF für die Weiterbildung und den Austausch zum Thema Training im Historischen Fechten. Die Trainertage finden einmal im Jahr an wechselnden Orten statt.