Im Oktober 2005 trafen sich in Halle an der Saale zum ersten Mal eine Handvoll Interessierter, die sich mit Lebensweisen des Mittelalter beschäftigen wollten. Ursprünglich war es der Plan, eine Gruppe in Richtung der Darstellung dieser Lebensweisen auf die Beine zu stellen, doch das Ganze driftete schnell in Richtung “Schwertkampf” ab und blieb dort. Die Gruppe wuchs und etwa ein Jahr später konnten wir das Training, das bisher mit dem Langschwert absolviert wurde, um ein Dolchtraining erweitern. Nebenbei entstand auch der Gruppenname “INDES”, als Symbol für die hohe Kunst des Fechtens: versetzen und treffen, schützen und bezwingen im selben Augenblick.
Seitdem hat sich bei INDES Halle a. d. Saale viel getan. Die Trainingskonzepte wurden diverse Male geändert und an neue Erkenntnisse angepasst. Aus einem Teilbereich des Unisports der Martin-Luther-Universität wurde 2010 ein eigenständiger Verein mit drei Trainingseinheiten in der Woche und dennoch niedrigen Mitgliedsbeiträgen. Trotz der ständigen Fluktuation an Mitgliedern (der Fluch einer Studentenstadt), haben wir inzwischen die 50-Mitglieder-Marke geknackt.
Die Arbeit von allen ist ehrenamtlich und deshalb auch oft nicht immer ganz geradlinig. Familie, Arbeit und Privatleben sollen ja auch nicht leiden. Dennoch erleben wir im Verein einen starken Zusammenhalt auch unter den Trainern. Wir geben dabei unser Bestes, die hallesche Kulturlandschaft mit unserem Wissen zu bereichern, halten Seminare und bilden uns weiter.
Aktiv im Netzwerk
Mit einem Vorstandswechsel im Jahr 2014 hat sich das Bild von INDES erneut gewandelt – offener, zugänglicher, mehr im Kontakt mit anderen Gruppen. Der Eintritt in den DDHF 2014 war dazu ein weiterer wichtiger Schritt.
Im Sommer 2016 hat INDES die Organisation des 2. Treffens historischer Fechter Mitteldeutschlands übernommen. Mit großem Elan und viel Begeisterung wurde die Planung begonnen und dank vieler tragender Schultern mit Erfolg und Spaß für alle Beteiligten durchgeführt. Trainer verschiedenster Vereine haben ihre Workshops präsentiert und Fechter/-innen aus vielen Vereinen haben daran teilgenommen. Wir hoffen, dass es auch im Jahr 2017 zu einem ähnlich fröhlichen und lehrreichen Zusammentreffen von so vielen sympathischen Menschen kommt.
Fechtkunst für die Öffentlichkeit
In Halles Kulturszene sind wir zunehmend bekannter geworden. Wir haben für das Stadtmuseum auf der Burg Giebichenstein eine Fechtvorführung gehalten. Für die Ausstellung “KRIEG” des Landesmuseums Sachsen-Anhalt wurde ein Vortragsnachmittag gestaltet, wo wir Tötungsszenarien bei 49 Soldaten aus einem Massengrab von 1647 interpretiert haben.
In der Moritzburg Halle zeigten wir Fechtkünste aus dem Jahr 1680 zum Degen, Ringen und dem Jägerstock, als dort, unter anderem, das Fechtbuch des Johann Georg Paschen ausgestellt wurde. Vor allem unsere Trainer Sören und Philipp tragen das Historische Fechten in museale Veranstaltungen nach Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern und versuchen so, einen Kontrapunkt zum allseits gängigen “Codex Belli” und “Schaukampf” zu setzen.
Eine beliebte Veranstaltung ist auch die jährliche “HallunkenCon”, bei der sich Brett-, Rollen- und Tabletopspieler treffen und austauschen. Auch hier sind wir jedes Jahr dabei und bereichern mit sowohl lehrreichen, als auch unterhaltsamen Einlagen die Spielenachmittage.
Dabei setzen wir die Mottos der Veranstaltung in Themen des HEMA um. So wurden 2015 bei der “Snobocalypse – Mit Stil in den Untergang” Szenen zum adligen Duell gezeigt, während 2016 unter dem Motto “die hard” Schnitttest gegen Rüstungselemente an der Reihe waren.
So versuchen wir Historisches Fechten gar nicht erst in einen Elfenbeinturm zu sperren, sondern lebendig und integrierend ins Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen.
Das Training bei INDES
Wir haben zur Zeit drei Trainingsgruppen, jeweils eine für das lange Schwert (bei Andreas), das lange Messer (bei Sören) und für das Ringen (bei Philipp). Wir stützen uns dabei auf einige feste Quellen und bemühen uns, den Spagat zwischen didaktischer Geschlossenheit, Quellenkonformität und der Anwendung allgemeiner Prinzipien und Übertragbarkeit von Wissen in andere Waffengattungen zu halten.
Abgesehen davon beschäftigen wir uns auch mit anderen Waffen oder Gefechtskontexten, so z. B. seit 2005 mit Talhofers Ausführungen zum Gerichtsfechten, oder dem Stangenfechten vom 15. bis ins 17. Jahrhundert. Auch Degenfechten, Rapierfechten, Schild und Nebenwaffen, Harnischfechten, Bartitsu und allgemeine Selbstverteidigung stehen hin und wieder auf dem Trainingsplan und werden in auswärtigen Seminaren von uns präsentiert.
Damit all dies geleistet werden kann, braucht INDES einen leistungsfähigen Vorstand. Leider war unser Wunsch, die Trainer von dem Vorstandsposten zu entlasten, bisher nur mäßig erfolgreich. Doch wir schaffen es dank eines siebenköpfigen Arbeitsteams zumindest, die Arbeitsbelastung für jeden Vorstandsposten überschaubar zu halten.
Alles in allem ist unser Verein ein idealer Ort, um historisches Fechten gründlich und verantwortungsvoll zu erlernen. Ob man “nur” Konsument ist oder sich selbst in die Arbeit mit Quellen und angrenzenden Fachbereichen stürzt – bei uns erhält jeder ein offenes Ohr und Unterstützung.
Der Historiker Philipp Herzog ficht seit 2004. Er leitet bei INDES das Ringentraining und ist der Kassenwart des Vereins, Während und nach dem Studium aktiv in der Forschung zu militärischer Gewalterfahrung in der Frühen Neuzeit.
Text und Bilder mit freundlicher Genehmigung von INDES – historisches Fechten in Halle a. d. Saale e. V.